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Mann und Meer

  • Autorenbild: Peter Feler
    Peter Feler
  • 28. Nov. 2023
  • 1 Min. Lesezeit

Gehen wir, Leser, heute doch einmal weit zurück - nämlich ins Jahr 2007 und damit zu einem meiner frühesten mir noch erhaltenen Gedichte, einer in umarmenden Reimen angelegten Ballade im Klartext, in der offenbar ein Mord geschieht. Ein Videofilmchen dazu könnte man sich hier ansehen. Gluckgluck.


Mann und Meer


Ein Vogel fliegt am Firmament

Die Federn schwarz wie Teerverbund

Ein Mann steht auf dem Meeresgrund

In schweren Schuhen aus Zement


Der Schuster sitzt am Uferrand

In Schattenschemen, totem Tang

Ein Korken wogt im Dünungsgang

Die Brandung kracht an kaltes Land


Der submarine Sykophant

Schwankt sanft in chronisch tiefer Ruh'

Verlustig ging sein Manitu

Im Aufwasch mit dem Deod'rant


Hier oben weht ein Fischgeruch

Die Fäulnis west im Grätenaas

Die Bö gemischt mit Modergas

Ein olfaktorisch' Leichentuch


Da unten gibt's nicht Mief, nicht Duft

Und mangels Luft nicht Odemhauch

Es bleibt ein voller Wasserbauch

In flüssig ungeweihter Gruft


Man harrt in trüber Emulsion

Und zwischen Fischurin und -schweiß

Und Schneckenlaich und Walroßscheiß

Wird man zur Muschel-Mensch-Fusion


An Land zerbirst das Wolkendach

Die Silbermöwen schreien schrill

In expressivem Overkill

Der Wind krakeelt und johlt und lacht


Vereinzelt malt ein Sonnenstrahl

Mit spitzem Strich in Bruchstücklein

Als wisse er vom Unglück, ein

Abstraktes Letztes Abendmahl


Ein Wein fließt in des Schusters Hals

Auch Hopfen, Malz und Kräutergeist

In Neptuns Reich, da reicht es meist

Zu nichts als Wasser mit viel Salz


Der Schuster prüft, als er da kniet

Ob er sich selber, oder schlaff

Der Andre ihm ins Antlitz gafft

Jedoch, so sehr man sucht, man sieht


Nur Splitter, das Gesicht nie ganz

Sie flitzen spitz und zickezack

Und tanzen zittrig Jitterbug

Im zigfach fragmentierten Glanz


Der Schustermann sagt leise: »Prost!«

Er lässt den Andern Leiche sein

Und geht in Richtung Sonnenschein

Denn Sonnenschein plus Wein gleich Trost



[PF]


ree

***


 
 
 

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